34 Im Dialog mit unseren Stakeholdern
Herr Lebot, Sie kommen gerade von der UN-Klimakonferenz
COP23 zurück. Übernimmt die chemische Industrie die
Verantwortung für das Erreichen der Klimaziele?
Benoît Lebot: Die chemische Industrie unterscheidet sich dabei
nicht von anderen Branchen. Wir alle müssen der Tatsache ins
Auge sehen, dass der Klimawandel schon längst Realität ist. Aber
wir können die Folgen des Klimawandels begrenzen. Die be-
kannten Lösungen zur Begrenzung der Treibhausgasemissionen
entsprechend den Pariser Vereinbarungen werden jedoch noch
nicht ausreichend genutzt.
… weil sich die Industrie nicht genug engagiert?
Benoît Lebot: Ich bin sicher, dass Industrieunternehmen wie
ALTANA bereits große Fortschritte gemacht haben. Steht aber das
Erreichte auch schon im Einklang mit den langfristigen Zielen,
die wir in Paris vereinbart haben? Um eine globale Erwärmung von
mehr als 1,5 Grad Celsius zu verhindern, müssen wir die Art
und Weise ändern, mit der wir die Wirtschaftsentwicklung derzeit
steuern. Ich sehe durchaus ermutigende Schritte, aber nicht die
notwendige vollständige Mobilisierung unserer Kräfte. Da sind ins-
besondere die Regierungen und Institutionen gefordert, die den
Dialog auf allen Ebenen – Regierungen, Privatsektor und Gesellschaft
insgesamt – und den Austausch von Best Practice vorantreiben
müssen.
Tricia Schaffrik: Ich stimme Ihnen zu, möchte aber einen wichtigen
Punkt ergänzen: Energie- und Nachhaltigkeitsmanage-
ment ist auch eine Frage der Kultur. Wenn ein Unternehmen oder
eine Nation nicht bereit ist, diese Überzeugung in ihrer Kultur
zu verankern, dann können Sie letztendlich nicht erfolgreich sein.
Deshalb arbeiten wir bei ALTANA an der notwendigen Ver-
knüpfung der Management-Programme mit unserer Unternehmenskultur.
Welche Überlegungen spielten bei der Entscheidung für
ein Blockheizkraftwerk in Ihrem Werk in Hartenstein bei
Nürnberg eine Rolle?
Tricia Schaffrik: Wir fällten die Entscheidung in einem Umfeld
steigender Strompreise, der Unterstützung des Einsatzes kom-
binierter Wärme- und Stromerzeugung durch Fördermittel, und
nicht zuletzt suchten wir seinerzeit Ideen, wie wir den CO²-
Ausstoß senken können. Der Bau ist für uns eine große Investition
gewesen. Wir wollen unseren Beitrag leisten. Daran besteht
kein Zweifel. Aber wir müssen als Unternehmen auch wirtschaftlich
denken und handeln.
Welche Maßnahmen haben Sie zusätzlich ergriffen?
Tricia Schaffrik: Seit 2007 verfolgen wir mehrere Projekte, allen
voran die Umstellung von Öl auf Erdgas, aber auch die Verrin-
gerung von Druckluftleckagen, die Wärmerückgewinnung von
Kompressoren sowie den Einsatz von hoch effizienten Motoren
und deren Steuerung über Frequenzumrichter. Die dabei erzielten
Erfolge sind quasi die niedrig hängenden Früchte, die wir schnell
ernten können. Wir sind jedoch an einem Punkt, wo die Identi-
fizierung weiterer Einsparpotenziale immer schwieriger wird.
Im Kern sind die Methoden zur erfolgreichen Herstellung unserer
Produkte seit rund 100 Jahren unverändert. Jetzt aber müssen
wir diese bewährten Prozesse ändern, um unsere Energieeffizienz
weiter zu steigern.
Benoît Lebot: Das ist Musik in meinen Ohren! Dieser Wille,
den nächsten Schritt zu machen, zunächst jede einzelne Anlage
zu verbessern und dann wieder einen Schritt zurück zu tun, um
den gesamten Prozess und seine Folgen für den Klimaschutz zu ver-
stehen, um die richtigen Maßnahmen ergreifen zu können …
Wissen Sie, diese Haltung und die Vorgehensweise veranschaulichen,
worum es geht. Wir müssen uns in eine wissensbasierte
Wirtschaft verwandeln. Das wichtigste ungehobene Potenzial ist
das, was in unseren Köpfen ist. Außerdem gibt es schon eine
Reihe von Instrumenten wie die ISO 50001 …
Benoît Lebot ist Executive Director der IPEEC (International Partnership for
Energy Efficiency Cooperation) in Paris, zu deren Mitgliedern 17 der
G20-Länder zählen. Lebot studierte Bauingenieurwesen. Bevor er 2014 zur
IPEEC stieß, arbeitete er für das Entwicklungsprogramm der Vereinten
Nationen (UNDP).
Tricia Schaffrik studierte Maschinenbau an der West Point Military Aca-
demy und absolvierte ihren Master in St. Louis (USA). Sie begann ihre Karri-
ere bei ALTANA in einer Niederlassung des Geschäftsbereichs ELANTAS
in den USA. Seit 2015 ist sie als Head of Global Engineering Services im
Geschäftsbereich ECKART von Hartenstein bei Nürnberg aus tätig.